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Rarität auf dem Smartphone-Markt: Deutsche Handy-Hersteller

07. Dezember 2017

Deutsche Smartphone-Hersteller nicht wettbewerbsfähig

Deutsche Autos genießen im Ausland großes Ansehen. Auch andere Elektronik und Unterhaltungstechnik „Made in Germany“ gilt rund um den Globus als zuverlässig und innovativ. Ganz anders sieht das im Smartphone-Bereich aus. Bei der Entwicklung und Herstellung der Geräte scheint den deutschen Unternehmen Kreativität und Wettbewerbsfähigkeit zu fehlen.

 

Stattdessen bekommt man den Eindruck, dass deutsche Unternehmen starr und hilflos mit ansehen, wie andere Länder wie die USA, Südkorea oder China den Weltmarkt mit ihren Smartphones erobern. Deutsche Smartphone-Hersteller sind zur Rarität geworden und Geräte von Gigaset oder Technisat fristen als Nischenprodukt ihr Dasein.

 

Handysparten von Bosch und Siemens

Renommierte deutsche Konzerne wie Siemens und Bosch versuchten zu Beginn der 2000er sich einen Teil vom hart umkämpften Smartphone-Markt zu sichern. Doch vergebens. Im Juni 2005 gibt Siemens sein Mobiltelefon-Geschäft mit weltweit 10.000 Beschäftigten an BenQ ab. Durch den Verkauf an den neuen asiatischen Eigentümer hoffte man, künftig schneller auf Marktveränderungen reagieren zu können. Doch der Abwärtstrend setzte sich nahtlos fort. So kamen die Handys auch unter der Marke BenQ/Siemens zu spät auf den Markt. 2007 ging BenQ Mobile Pleite und beendete somit ein weiteres unschönes Kapitel der deutschen Smartphone-Geschichte.

 

Der Konkurrent Bosch zog sich bereits im Jahr 2000 etwas eleganter aus dem Handy-Markt zurück. So wurde die Handyentwicklung an Siemens verkauft und die Handy-Produktion im dänischen Pandrup an den Auftragsfertiger Flextronics abgegeben.

 

Gigaset

Die Gigaset Communications GmbH ist hierzulande bekannt als Hersteller von DECT-Festnetz-Telefonen. Doch das Unternehmen mit Sitz in Bocholt (Nordrhein-Westfalen) produziert auch Tablets und Smartphones. Die Gesellschaft ging hervor aus der Siemens Home and Office Communication Devices, einer 100-Prozent-Tochter von Siemens. Mittlerweile ist Gigaset aber auch weitestgehend in chinesischem Besitz.

 

Im Jahr 2015 hat Gigaset im Vorfeld der Internationalen Funkausstellung drei Smartphones vorgestellt. Geworben wurde damals mit der „Qualität deutscher Ingenieurskunst“. Doch während Gigaset mit seinen drahtlosen Festnetztelefonen zu den weltweiten Marktführern gehört, konnte das Unternehmen im Smartphone-Bereich bisher kaum Fuß fassen.

 

Die ersten Gigaset-Smartphones waren nur für den europäischen und asiatischen Markt gedacht. Große Erfolge blieben aber trotz schlichtem Design, leistungsfähigen Prozessoren und Dual-Sim aus. Auch das aktuelle Modell fristet eher ein Nischendasein. Und dass, obwohl das Gigaset GS170 laut Unternehmensangaben leistungsstarke Technik und einfache Bedienbarkeit kombiniert. Zudem ist das Gerät mit rund 150 Euro recht günstig.

 

Technisat

Technisat ist ein Unternehmen in Daun (Rheinland-Pfalz), das Unterhaltungselektronik und Informationstechnologie entwickelt und produziert. Im Bereich der Digitalempfänger und Digitalfernseher gehört das Unternehmen zu den führenden deutschen Herstellern.

 

Technisat führt seit einiger Zeit aber auch eine eigene Smartphone-Reihe. 2014 erschien das Dual-Sim-Smartphone TechniPhone 4. Ein Jahr später wurde der Nachfolger TechniPhone 5 vorgestellt. Bei beiden Geräten handelt es sich um Android-Smartphones mit zeitgemäßer Hardware. Das Design ist schlicht und unauffällig. Mit dem TechniPhone ISI 2 bietet Technisat zudem ein Senioren-Smartphone an. Doch auch die TechniPhones sind sowohl hierzulande als auch außerhalb der deutschen Grenzen kaum bekannt. Am Preis kann es jedenfalls nicht liegen. Die Smartphones von Technisat sind bereits ab 50 Euro erhältlich.  

 

Das Problem mit Design und Trägheit

Deutsche Smartphone-Hersteller waren beziehungsweise sind bei der Entwicklung oftmals vorne mit dabei. Auch das fertige Endprodukt ist in der Regel grundsolide. Nutzer loben noch heute die Zuverlässigkeit älterer Siemens-Modelle wie dem S3, dem S6 oder dem S35. Zudem bot beispielsweise Bosch sogenannte Triband-Modelle an, die auch in den USA genutzt werden konnten.

 

Trotz aller Bemühungen schaffte es (bisher) kein deutscher Smartphone-Hersteller auf die Bestenliste. Warum ist das so? Nach Einschätzung von Experten hat das verschiedene Gründe. Zum einen sind deutsche Geräte von der Technik her zwar grundsolide, aber das Design wird oft vernachlässigt. Oder um es anders auszudrücken: Optisch sind die deutschen Smartphones einfach nicht hip genug.

 

Zum anderen bringen internationale Wettbewerber neue Entwicklungen deutlich schneller auf den Markt. So erging es auch Siemens. Neue Trends wie damals Foto- und Klapphandys hat das Unternehmen verschlafen. Auch im wichtigen Zukunftsmarkt China reagierte Siemens nach eigener Aussage nur schlecht auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden.

 

Nicht zu unterschätzen ist der Marketingaufwand, den viele namhafte Smartphone-Hersteller betreiben. Geräte wie Apples iPhone oder Samsungs Galaxy S8 gelten dank groß inszenierter und aufwendiger Marketingkampagnen als Lifestyle-Produkte – als Must-Have –, die den Alltag und das Leben verschönern. Dafür gibt der Kunde auch gerne schon mal mehrere hundert Euro aus. Deutsche Smartphones bleiben neben solchen Produkten eher blass und irgendwie nichtssagend.

 

Man kann also sagen: Den deutschen Smartphone-Herstellern fehlte es bisher an Markt- und Kundenverständnis, an Biss und vielleicht auch ein wenig an Herzblut. Im Moment ist der Zug abgefahren. Die USA, Südkorea und seit kurzem auch China regieren den weltweiten Smartphone-Markt. Daher dürfte es zumindest in den nächsten Jahren weiterhin keinen eigenständigen deutschen Smartphone-Hersteller geben.